Sonntag, 9. Juli 2017

Gastbeitrag von "motion"


Der Autor am Dreiländereck
Hinter „motion“ verbirgt sich ein Reiseradler, der sich im Radreiseforum diesen Namen gegeben hat und der sich auf dem Radweg Grünes Band Deutschland seine eigene Geschichte in Erinnerung bringen möchte. Denn er hat auf beiden Seiten der ehemaligen Grenze gelebt, es wird für ihn daher eine Reise zurück in die Vergangenheit. Er ist in der DDR aufgewachsen und ist dann, wie so viele, nach der Lehre in die alten Bundesländer ausgewandert. 

Mit dem Ostseeküstenradweg, dem Oder-Neiße-Radweg, einem Teil des Berliner Mauerweges und nun auch dem Radweg Grünes Band Deutschland hat er die ehemalige DDR fast umrundet. Die Lücke zwischen Hof und Zittau durch das Erzgebirge will er irgendwann aber auch noch schließen. 

Hier folgt ein Auszug seines Berichts über die Reise auf dem deutsch-deutschen Grenzweg, der ihn in 9 Tagen über 1215 km und knapp 10000 hm vom Dreiländereck bei Hof bis nach Lübeck führte. Den gesamten Bericht kann man im Radreiseforum nachlesen. 


Mit dem Rad entlang der ehemaligen 

deutsch-deutschen Grenze 


Was erwartet man von einer Radtour auf solch einem Weg? Soll man sich darauf freuen? Auf jeden Fall sollte es einen interessieren, was hier passiert ist. Welche Schicksale sich hier zugetragen haben. Es ist erdrückend zu sehen, wie viele Kreuze, Gedenkstätten, Erinnerungstafeln und -steine für abgerissene Dörfer entlang der Tour stehen. Und das nur, weil es 45 Jahre lang eine Grenze gab, die ein Land, zwei Systeme und dadurch die halbe Welt in Ost und West spaltete. 

Ich möchte hier noch einige Links zur Verfügung stellen, die mich, seit ich von der Tour wieder zurück bin, beschäftigen und sehr viele Informationen zur Zeitgeschichte enthalten:

Die innerdeutsche Grenze und die Mauer, 1945 - 1990:   Grenzerinnerungen

Aufbau der Grenze:   Eingemauert! Die innerdeutsche Grenze

Der Anfang vom Ende:   1989: "Wir sind das Volk" – Leipzig im Oktober

Ein Teil der historischen Pressekonferenz:    Pressekonferenz DDR-Reiseregelung

Ein Gänsehautmoment, damals wie heute:   Genscher in der deutschen Botschaft in Prag, 1989




Tag 1:
Dreiländereck  -  Kronach
Länge ca. 140 km

Am frühen Morgen starte ich am Dreiländereck Tschechien/Bayern/Sachsen zu meiner Tour auf dem deutsch-deutschen Grenzweg. Das Wetter ist schön, die Sonne scheint und es ist nicht zu warm.

Dreiländereck BRD, DDR, CSSR

Der Autor am Dreiländereck
Ab jetzt wird es spannend. Was wird wohl alles vor mir liegen? Vor allem, wie viele Höhenmeter werden es sein? Ich hatte den Track vor der Reise in drei Programme hochgeladen, dabei wurden mir Höhenmeter jenseits der 20000 errechnet! Das konnte eigentlich nicht stimmen und somit ließ ich mich überraschen. Vor allem aber auch, wie viele Plattenwege werden auf mich zukommen, wie wird die Strecke sein und schaffe ich die 1200 km überhaupt in neun Tagen? 

Zuerst geht es auf kleinen Wegen mal auf Schotter, mal auf Teer in Richtung Nentschau und von da auch gleich weiter zum ersten Grenzübertritt. 
 
Denkmal zur Grenzöffnung zwischen Nentschau und Posseck

Danach radle ich weiter durchs hügelige Vogtland. Immer wieder hoch und runter, kleine Straßen, Feldwege oder hier und da mal ein kleiner Pfad - so führt die Route entlang der ehemaligen Grenze. 


Blick auf Heinersgrün

Kurz vor Heinersgrün habe ich mich das erste Mal verfahren. Ich muss den falschen Abzweig genommen haben, der Weg wird immer kleiner, bis er vollends weg ist. Die Richtung passt aber und so geht es halt einige hundert Meter über freies Feld. Durch Gutenfürst, einen ehemaligen Grenzbahnhof, erreiche ich Grobau und von dort aus den Drei-Freistaaten-Stein.

Eisenbahnbrücke in Grobau
Drei-Freistaaten-Stein nahe Münchenreuth

Bald danach kommt man nach Mödlareuth. Und hier trifft einen das Thema DDR Grenze mit voller Wucht. Die alten Anlagen stehen noch im Originalzustand. Ein Ort, der einfach so geteilt wurde. Wo man gestern noch Freund war und sich ab heute nicht mehr sehen konnte. Dazwischen ein krankes Hochsicherheitssystem, es ist einfach unglaublich.







Weiter geht es Richtung Hirschberg und Thüringer Wald. Die Anstiege werden immer knackiger. Es geht zwar relativ kurz aber dafür immer steiler werdend hoch und runter. Kaum hat man Höhenmeter gewonnen werden sie zwei Kilometer weiter wieder vernichtet. Ab hier laden auch die nächsten Tage immer wieder und wieder lecker Kirschbäume entlang des Radweges zum Naschen ein. Einfach köstlich. 

Nach dem Mauerfall wieder erbaute Grenzbrücke nach Hirschberg
Abfahrt mit Blick Richtung Blankenburg/Blannkenstein
Blick auf die Saale, die hier unmittelbar Grenzfluss ist

Was ich am Anfang gar nicht so beachtet habe bzw. was mir nicht aufgefallen ist, dass ein Teil der Radtour genau über den Rennsteig verläuft. Eigentlich als Wanderparadies bekannt, werde ich ihn mir jetzt mal mit dem Reiserad anschauen. In Blankenstein geht es über die Brücke und wie ich auch die Grenztour vom Ende zum Anfang fahre, beginne ich auch den Rennsteig am Ende. 

Irgendwo im Wald bei Rodacherbrunn
Immer wieder geht es einsam durch den Wald. Keine Menschenseele ist hier unterwegs. Ab und an kommt mal ein kleines Dörfchen, welches man rasch durchquert, um danach wieder im Wald zu verschwinden. 
 
Abfahrt bei Lehesten/Schmiedebach Richtung Steinbachsmühle


Steinbachsmühle

Auch in Steinbachsmühle geht es quer durch den Wald. Am liebsten hätte ich hier kurz mein Reiserad gegen mein Fully getauscht! Aber man braucht ja Herausforderungen, vor allem wenn der Weg ein kurzes Stück so gut wie nicht vorhanden ist. Wieder zurück auf der Straße führt die Route in Richtung Lauenstein. Und hier folgt wiederum ein ziemlich giftiger Anstieg hoch auf den Ratzenberg. Wenn ich mich recht erinnere, waren es 200 bis 300 hm am Stück und oft über 10% Steigung – und das bei Sonne.

Blick von oben zurück auf die Burg Lauenstein
Oben angekommen muss ich mich mal wieder auf Wegsuche machen, aber man findet ihn dann schon im ganzen Wirrwarr aus Wegen. Es folgt auch der erste, zum Glück kurze Kontakt mit alten DDR Kolonnenwegstreifen und deren Lochplatten. Diese der Länge nach 4 x 7 Löcher fassende Platten waren dann doch neu für mich und extrem nervig. Der 1.75-er breite Reifen fällt hier nämlich von Loch zu Loch, was das fahren extrem unangenehm macht. Ab und zu kann der Grünstreifen dazwischen als Ausweichroute gewählt werden, leider aber nicht immer. 

Über Lichtenhain, Tettau und Stockheim verlasse ich den Rennsteig in Richtung erstes Etappenziel bei Kronach. Eine Umleitung bringt mich noch ins Schwitzen, aber ich ignoriere sie und halte an meiner Route fest. Die Straße passt und es gab keinen Grund, die Umleitung zu fahren. Eine Entscheidung, die noch des Öfteren auf der Tour erfolgt und immer richtig war. Eigentlich hatte ich geplant, bei Gehülz auf einem Campingplatz zu übernachten. Doch bevor ich mir die Höhenmeter von Kronach aus antue, dachte ich, ich rufe nochmal an. Dabei wird mir erzählt, dass es kein öffentlicher Platz und nur für Gruppen auf Vorreservierung wäre. Was nun? Zum Glück gibt es eine Jugendherberge in Kronach, direkt auf der Festung Kronach. Ohne Reservierung radle ich abends um halb neun Uhr zur Festung hoch. Ich werde getadelt, dass ich keine Reservierung gemacht habe, bekomme aber ein schönes kleines Zimmer und bin glücklich. 



Nachdem ich was gegessen habe und soweit wieder hergestellt bin, genieße ich einen warmen Sommerabend auf der Festung in Kronach.


Soweit ein kleiner Teil des Reiseberichts von "motion". Vielen Dank für die Erlaubnis, einen Auszug daraus hier zu veröffentlichen. Den kompletten Reisebericht und noch mehr Fotos findet man im Radreiseforum unter   Mit dem Rad entlang der ehemaligen dt.dt. Grenze  
 

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